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TierBaumGestalt aus Wolfenbüttel / Niedersachsen
"April, April" nisten
die Märzenbecher und die Osterglocken schüttelten sich. Eben noch hatte die Sonne geschienen, doch jetzt sah
es aus, als wolle die Welt gleich untergehen.
Graue und schwarze Vorhänge zogen
übers Land. Die Einen waren voller Schnee, die Anderen brachten Regen mit sich.
Ein überaus launischer Wind, trieb sie voran. Ohn' Unterlass blies der Wind,
bis sich Gewässer kräuselten und wellten. Er blies, dass Äste brachen und durch
die Lüfte flogen. In Böen bald, fegte er mit solch einer Geschwindigkeit, dass
die Bäume zu Tanzen begannen im Wirbelwind. Einige von ihnen, die sich zu toll
verbogen, verloren ihr Gleichgewicht und konnten sich nicht mehr aufrecht
halten. Sie stürzten um fielen laut krachend zu Boden. Doch nicht nur Bäume
entwurzelte der zum Sturm gewordene Wind. Gewaltvoll und unaufhaltsam riss er
Schneisen der Verwüstung in die eben noch so friedliche Landschaft. Hatte der
Wind sich ausgetobt, dann pustete er wieder ganz sanft und hauchte nur leise,
doch so unberechenbar, wie das Wetter im April, so unberechenbar war auch der
Wind.
"Der Wutausbruch scheint jetzt vorbei zu sein."
sagte Hase Weißbart, der als
Erster aus dem Hasenbau lugte und ein Fleckchen blauen Himmel bemerkte.
"Die Sonne blinzelt auch schon wieder durch die Wolken, was für
eine schöne Lichtstimmung, das müsst ihr sehen."
wendete er sich an die Hasen im
Bau.
"Hab ich vielleicht eine Angst gehabt."
flüsterte das kleine Häschen
Bertili. Mit großen Augen schaute Bertili hinauf zu ihrem Großvater, an dessen
Hosenbein sie sich während des Sturmes geklammert hatte. Dort hing sie immer
noch und der Großvater strich seinem bibbernden Hasen-Enkelchen behutsam über
das Köpfchen.
lachte der Großvater, der zur
Seite sprang um den Ausgang frei zu machen für die ins Freie hoppelnden
Häschen.
"Du kannst jetzt wieder los lassen. Meine Hosenträger sind ja
schon aufgesprungen. Du ziehst mir noch die Hose aus. Immer schwerer wirst
Du."
sagte Weißbart zu Bertili und
schüttelte sein Bein, das sich inzwischen ganz taub anfühlte.
"Entschuldigung"
hauchte Bertili, machte ein
Schnütchen und klimperte mit den Wimpern. Sie löste ihre Umklammerung, glitt am
Bein des Opas nach unten, rutschte ab und landete statt auf den Pfötchen auf
ihrem Bauch.
"Autsch"
Da lag die kleine Bertili, flach wie
ein Läppchen am Boden, aber sie hatte sich nichts getan und rappelte sich
schnell wieder auf, doch sie schämte sich für ihr Ungeschick.
"Alles gut, Püppchen?" fragte der Großvater
Bertili nickte.
"Ihr könnt jetzt wieder raus. Geh rasch mit deinen Geschwistern
spielen, wer weiß, wie lange die Schönwetterphase anhält. Nutzt die Zeit."
lächelte der alte Hase sanft.
"Ach meine Geschwister, die lachen mich nur wieder aus und
nennen mich Angsthäschen, mit denen spiele ich nicht." dachte Bertili.
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Bertili rollte sich im Fallen
schon zusammen und purzelte einen kleinen Abhang hinunter, vorbei an ihren
Brüdern, die sich vor Schadenfreude lachend krümmten.
Die Schwestern sprangen zu
Bertili und fragten:
"Hast du dir wehgetan?"
Erst als sie sahen, das Bertili
unverletzt wieder auf ihren vier Pfötchen stand, lachten auch sie:
"Ach du tollpatschiges
Angsthäschen du..."
Nur die älteste Schwester lachte
nicht. Sie ahnte, wie der Spott ihrer Geschwister Bertili verletzen musste.
"Bertili, ist die Jüngste, von uns."
sagte Dora
"Ihr ward doch
schließlich auch mal klein. Habt ihr das vergessen."
Dora umarmte
ihr kleines Schwesterlein, zog ein farbiges Tuch aus ihrer Tasche, legte es um
Bertilis Hals und band es zu einer schönen Schleife.
"So können wir dich besser sehen. Wir achten auf
dich kleine Bertili."
Bertili strahlte vor Glück. Sie hoppelte und sprang
ausgelassen zum Bach, wo sich viele zerzauste Frühlingsblumen nach dem Sturm
langsam wieder aufrichteten und erholten.
Dort bewunderten gerade die Narzissen ihr Antlitz im
himmelblauen, klaren Wasser des Baches und sie verliebten sich in ihr eigenes
Spiegelbild. Als sie das Spiegelbild der kleinen Bertili entdeckten, die von
ihrer Schwester so hübsch zurecht gemacht worden war, erblassten die eitlen
Blumen vor Neid.
Die Veilchen
in aller Bescheidenheit tuschelten: "Habt ihr gesehen wie hübsch
Bertili heute aussieht?" Die Osterglocken läuteten und
selbst die Schneeglöckchen, die schon fast verblüht waren, hoben noch einmal
ihre Köpfe um ihrer Bewunderung Ausdruck zu verleihen.
Auf der anderen Seite des Baches
saß der kleine Junge Tim, auf einem Baumstamm. Er wollte das wundervolle
Licht einfangen und hatte Zeichenblock und Farben im Gepäck. Als er zwischen
den ganzen bunten Frühlingsblumen das herausgeputzte Häschen entdeckte, staunte
Tim nicht schlecht. Er tauchte seine Pinsel in die Farben und begann Bertili zu
malen.
"Ich habe den Osterhasen gesehen"
rief Tim stolz aus und zeigte
sein Bild vom Häschen mit Schleife dem Vater, der gekommen war seinen Sohn
schnell ins Haus zurück zu holen. Tim hatte gar nicht bemerkt, dass schon
wieder schwarze Wolken heran gezogen waren. Noch ehe Vater und Sohn das Haus
erreichten, riss ein Windhauch dem Jungen das bunte Zeichenblatt aus der Hand.
Tim wollte sein Bild fangen, doch sein Vater wusste die Zeit würde nicht reichen
um das Bild unversehrt zurückzuholen und sagte:
"Nein! Komm schnell..."
Der Vater stemmte sich geduckt
gegen den Wind und zog seinen Sohn, dessen Hand er fest hielt, damit er ihm
nicht davon laufen konnte ins Haus. Gerade noch rechtzeitig erreichten die
Beiden die warme Stube, denn kurz nachdem sie ihre Schuhe ausgezogen hatten
hagelte es draußen erbsengroße Körner und im Nachbargarten schlug sogar ein
Blitz ein.
"Wie schade um dein schönes Bild." sagte der Vater
"Jetzt konnte ich deinen Osterhasen nur so kurz
sehen. Kannst du nicht noch ein Bild von ihm malen?" ermutigte der Vater seinen Jungen. Noch war die
Erinnerung an das eben Gesehene frisch und Tim packte den Block und die Farben
auf seinen Schreibtisch und er malte für seinen Papa in seinem warmen Zimmer
ein neues, noch schöneres Bild vom Osterhäschen mit Schleife.
Auch Bertili
und ihre Geschwister hatten es geschafft, sich rechtzeitig vor dem Hagel in
Sicherheit zu bringen. Dass sie nicht vom plötzlich einsetzenden Hagel
überrascht worden waren, hatten die Hasen der Erfahrung ihres Großvaters
zu verdanken. Großvater Weißbart, der wusste wie tückisch im April das Wetter
sein kann, er kannte die Vorzeichen, mit denen sich Unwetter ankündigen und
hatte die Hasenfamilie rechtzeitig in den Bau zurück getrommelt.
"Aprilwetter - Zeit zum Kuscheln" schmunzelte die
Hasenmutter als all ihre Kleinen wieder um sie versammelt waren und während es
sich die Hasen in ihrem Bau gemütlich machten, tobte draußen ein mächtiger Gewittersturm.
"Ich bin ein Osterhäschen, hat Tim gesagt. Der Junge hat ein
Bild von mir gemalt. Das Bild kam durch die Luft geflogen. Ich konnte das
schöne Bild sehen aber leider konnte ich es nicht fangen."
kicherte Bertili und schmiegte
sich an ihre große Schwester.
"Tim hatte Recht. Du bist
ein Osterhäschen. Morgen besuchen wir die Küken und ich zeige dir, wo die
Hühner ihre Eier legen, die wir vor den Osterfeiertagen bemalen." sagte
Dora
"Malen mit Pinsel und
Farben, wie Tim?" jubelte Bertili
“Ja“ lachte Dora „In der
Hasen-Malerwerkstatt stehen viele Eimerchen mit bunten Ostereierfarben. Ich
habe schon einen schönen Pinsel für Dich gebunden. Bald malen wir. Das wird dir
gefallen."
Der Wind inzwischen hatte Tims
Blatt mit der Zeichnung von Bertili weit fort getragen. An einem wulstigen
Baumstamm in Wolfenbüttel blieb das Papier hängen. Dem Baum gefiel das Bild vom
OsterHasenKind so sehr, das die Rinde des Baumes das Bild in sich aufnahm und
mit viel Liebe ein dreidimensionales RindenHasenKind nachbildete, das Bertili
zum Verwechseln ähnlich sah.
Nun mussten selbst die Bäume eingestehen:
"Den Osterhasen gibt es wohl. Wir haben ihn gesehen..."
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fotos 2015-03-18 © johanna zentgraf text © johanna zentgraf |